Presseinformation Nr. 16
20. Jubiläumsjahrestagung des Arbeitskreises deutscher und polnischer Kunsthistoriker und Denkmalpfleger
Kulturerbe und Aneignungsprozesse in deutsch-polnischen Kontakträumen
Motivationen, Realitäten, Träume
Schirmherrschaft:
Minister für Kultur und Nationalerbe der Republik Polen, Bogdan Zdrojewski
Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann
26.-29. 09. 2012 Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
Mit der organisatorischen und finanziellen Unterstützung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, der Stiftung Dobro Kultury, des Collegium Polonicum, der Stadt Frankfurt (Oder).
Ausrichtung der Tagung: Professur für Denkmalkunde der Europa-Universität Viadrina, www.denkmalpflege-viadrina.de
Die 20. Jahrestagung findet direkt an der heutigen Staatsgrenze statt; dies ermöglicht, den aktuellen Veränderungen in den deutsch-polnischen Grenzregionen und Kontakträumen nachzuspüren. Die Rekonstruktion der vielschichtigen Identität der polnischen Westgebiete und die Rolle von Baudenkmalen in diesem Prozess wird das Tagungsthema sein. Es wird also nicht um die Geschichte und die Entstehungsprozesse der vor 1945 geschaffenen Baubestände und Infrastrukturen gehen, sondern um deren Weiterleben, Umdeutungen, Aneignungen und nicht zuletzt um deren Rettung und Erhaltung.
Die jetzigen polnischen Westgebiete wurden mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs einem bis dahin beispiellosen „social engineering“ unterzogen. Die Umsetzung des Potsdamer Abkommens führte zum Transfer von Millionen von Menschen, zu Flucht und Vertreibung der dort ansässigen deutschen Zivilbevölkerung und zur Zwangsumsiedlung von Polen, Ukrainern, Weißrussen sowie weiteren ethnischen Gruppen in diese Regionen; Neben den humanitären Tragödien waren dabei enorme kulturelle Verluste zu verzeichnen. Für die neuen Bewohner blieb die Regionalgeschichte auf Jahrzehnte fremd, sprachlich unzugänglich und zudem ideologisch manipuliert. Nachdem auch die Eigentumsstrukturen grundstürzend verändert und die letzten „indigenen Kompetenzträger“ vertrieben worden waren, zeigte sich wie machtlos die amtliche Denkmalpflege, trotz aller guten Absichten sein kann.
Erst seit 1989, seit Aufhebung der politischen Deutungshoheit über die Geschichte können die Postmigrationsgesellschaften Westpolens die Identität ihrer Heimatregionen auf neuen Grundlagen rekonstruieren. Dass sie dies auch äußerst aktiv tun, zeigten zahlreiche deutsch-polnische regionale Initiativen der letzten Jahre. Der aktuelle Wettbewerb um die Attraktivität der Standorte, wie auch die Beschleunigung von Modernisierungs-, Veränderungs- oder Migrationsprozessen bergen Chancen aber auch Gefahren für die gewachsenen Kulturlandschaften.
Die Tagung will daher anhand einiger übergeordneter Fragestellungen den sozialen und kulturellen Kontext der Denkmalerhaltung erörtern: Von wem wird das vor 1945 entstandene Kulturerbe inzwischen als „gemeinsames Erbe“, von wem als „eigenes“, von wem als „fremdes“ wahrgenommen? Allgemeiner gefragt, wie stehen die Postmigrationsgesellschaften zu ihrer „kleinen Heimat“? Wo und für wen sind die Baudenkmale bereits zum wichtigen identitätsstiftenden Potential geworden? Und wo oder vor allem wie müssen sie noch in die lokale Wertesysteme (wieder-) eingegliedert werden? Welche Eigentums- und Planungsfragen werfen noch schwerwiegende Probleme auf und wie sehen die „Gefahrentopographie“, bzw. der Handlungsbedarf aus?
Die Tagung wird nicht nur durch eine Stadtführung und eine Exkursion zu den regionalen Höhepunkten der Bau- und Kunstgeschichte (Gubin, Neuzelle), sondern auch um die Ausstellung „Neumark – Begegnungen mit einer historischen Landschaft“ ergänzt.
Weitere Informationen befinden sich auf der Internetseite des Lehrstuhls: www.denkmalpflege-viadrina.de
Bericht über 20. Jubiläumsjahrestagung des Arbeitskreises deutscher und polnischer Kunsthistoriker und
Denkmalpfleger: „Kulturerbe und Aneignungsprozesse in deutsch-polnischen Kontakträumen.
Motivationen, Realitäten, Träume“